Zuhause gegen Elversberg: Der große Relegations-Hinspiel-Thread

So, liebe Leute - ich habe mich lange (etwas bange) darauf gefreut, diesen Thread erstellen zu dürfen - jetzt ist es soweit. Einmal der Satz zum gleichermaßen Genießen und Verfluchen: Haching spielt am 28. und 31. Mai in zwei Spielen um den Wiederaufstieg in die 3. Liga.

Ich schicke mal dreist einen Vorspann raus. Zur einen Hälfte weil's mir auf den Nägeln brennt. Zur anderen aus Aberglauben: Als wir im Mai 2015 abgestiegen sind und Hansa Rostock die Klasse gehalten hat, hatten die hier im Forum einen grandiosen Einleitungstext - große Literatur. Vielleicht hilft's ja. Mit Literatur im engeren Sinne will ich auch nicht nerven.

Aber:

Als Haching-Fan ist mit der 22. Mai 2015 leider noch sehr klar in Erinnerung: Im Morgengrauen aufgestanden, wegen einer Stellwerksstörung fast den Fan-Bus am Leuchtenbergring verpasst... Die Nervosität auf dem Weg Richtung Erfurt, die langsam die Scherze hat einfrieren lassen. Und schließlich ein Stadion als Baustelle. Meilenweit vom Rasen entfernt, der Horizont aus Thüringer Sandhaufen und schon um 13.15 Uhr festgestellt: Der Wind weht in die falsche Richtung und trägt die Sprechchöre direkt zurück in die Kurve. Und unten, ganz allein, eine Mannschaft aus A-Jugendlichen, die mit schweren Beinen - bildlich - wie durch einen Pool immer wieder unglaublich weite Wege aufs gegnerische Tor zulaufen und langsam verzweifeln.
Am Ende stand eine unnötige 0:1 Niederlage. Und der Gedanke: Vielleicht nie wieder Profi-Fußball in Haching.

Man sollte ja nicht meinen, dass man als erwachsener Mensch sowas schreiben muss: Aber der Tag ist eine Wunde im (Fan-)Herz. Und schlimmer als gegen Schalding-Heining und Fürth II zu spielen ist, zu wissen: Dieser Verein gehört eigentlich woanders hin.

Warum dieser negativer Thread-Start? Weil - und das ist das Großartige - zwei Jahre später alles anders ist. Wir werden mittags aufstehen, die S-Bahnen werden fahren, und wenn nicht, dann die Fahrräder. Auf dem Rasen wird nicht das letzte Aufgebot stehen, sondern eine fantastische Mannschaft, die uns eine Rekordsaison hingelegt hat. Mit einem Rekord-Goalgetter, einer messerscharfen Flügelzange, dem besten Spielmacher aller Regionalligen, einem brutalen Zementklotz von defensivem Mittelfeld, einer agilen Abwehr und einem Nationaltorhüter.
Das Spielfeld wird zum Greifen nah sein, die Gesänge bis zur Nordtribüne hallen. Und wenn es Grund gibt, nervös zu sein, dann aus Aufstiegs-Hoffnung und nicht aus Abstiegs-Angst.
Viele Leute auf und neben dem Rasen haben zwei Jahre gearbeitet, um hier zu stehen. Und jetzt holen wir das Ding. Die 3. Liga, das Unmöglichgeglaubte. Lasst uns die Mannschaft nach vorne schreien, sie haben's hundertprozentig im Kreuz. Und das ist dann die Heilung fürs Fanherz. Alleine zu sehen, dass es geht. Und wie. Auf geht's Haching! Und rein ins Getümmel:

Die Ausgangslage:
Europacup! Hinspiel, Rückspiel, Auswärtstore zählen doppelt. Ziel muss es sein, ein, zwei (oder mehr) Treffer vorzulegen und die Bude sauber zu halten.
Von unserer Seite stehen die Chancen bestens: Haching hat - unsere Facebookseite hat es schön vorgerechnet - die meisten Treffer, die beste Tordifferenz, die meisten Siege, die wenigsten Niederlagen, die wenigsten Karten aller Teams in den ersten vier deutschen Ligen erzielt. Wir sind in Ligaspielen zu Hause seit Herbst 2015 ungeschlagen und haben seit April 2016 überhaupt nur zwei Spiele in der regulären Spielzeit verloren - eines davon gegen den frischgebackenen Zweitligisten Würzburg. Bis auf Luca Marseiler und Marco Rosenzweig (gute Besserung an beide!) sollten am Sonntag alle Spieler zur Verfügung stehen.
Nach einem kleinen Zwischentief im Frühjahr war zuletzt alles wieder in der Reihe: Mit mehr oder weniger gebremstem Schaum gab es aus sechs Spielen 22:6 Tore und fünf Siege. Mut machen vor allem die beiden Spiele gegen Bayreuth und 60 II. Man hätte über die 90 Minuten dominanter spielen können - aber zu sehen, wie bei den Gegnern die Dämme brechen, wenn unsere Elf das Tempo anzieht, das ist pures Fan-Gold.

Der Gegner:
Ja, gabad's koan Gegner, warad's a gmahde Wiesn. Mit Elversberg kommt der Meister der starken Regionalliga Südwest. Aus 36 Spielen haben die Saarländer 78 Punkte geholt. Damit also einen doch spürbar schlechteren Punkteschnitt als wir. Das aber auch in einer in der Breite wohl besseren Liga. Durchgesickert dürfe auch sein, dass unser Trainerteam Elversberg für einen der unangenehmsten Gegner im Relegationstopf hält. Vermutlich nicht ganz zu Unrecht. Michael Wiesinger auf der Bank wird sich vermutlich was einfallen lassen.
Auch an markanten Spielern mangelt es nicht. Daniel Batz im Tor stand früher bei Freiburg unter Vertrag, die Abwehr mit Handle, Maek, Kehl-Gomez und Birk hat rund 300 Spiele Erfahrung aus 2. und 3. Liga. Im Mittelfeld hat Jan Washausen schon Bundesliga gespielt (für Braunschweig), Biankadi wurde bei den Bayern ausgebildet, Obernosterer bei Stuttgart und im Sturm gibt's die geschmeidige Auswahl Perstaller (Ex-Hansa Rostock) vs. Kapllani (73 Zweitligatore).
Am wenigsten Sorge bereiten mir fast die alten Bekannten: Bichler ist ein Supertyp, aber keine unkontrollierbare Waffe auf dem Flügel. Leandro Grech (ggf. Abwehr-Ersatz) ein großartiger Profi, aber sechs Jahre nach Haching auch etwas in die Jahre gekommen.
Dann aber auch noch mehr positive Seiten:
- Von einem "Rhythmus" kann man beim Elversberger Spielplan wahrlich nicht mehr sprechen. "Zumutung" wäre treffender: Das letzte Punktspiel liegt mehr als zwei Wochen zurück, das Landespokalfinale dafür keine 72 Stunden. Hier könnte ein Vorteil liegen!
- Elversberg tut sich mit dem Toreschießen allgemein schwerer als unser Team. Quervergleich über die Ligen sind selbstredend schwierig - trotzdem sind z.B. zwei 0:0 gegen Worms und Offenbach, beide erzielt im Kampf um den Aufstieg, keine glänzende Referenz. Auch gegen Astoria Walldorf gabs unlängst ein zähes 1:0.
Unter "neutral" würde ich verbuchen, dass Elversberg kein unbeschriebenes Relegationsblatt ist. Der Aufstieg gegen 60 II liegt vier Jahre zurück und dürfte kaum noch eine Rolle in der Mannschaft spielen. Dafür hat die "Elv" vergangenes Jahr gegen Zwickau den Kürzeren gezogen und dürfte mit Grausen an eine mögliche Wiederholung denken. Das kann Ansporn sein - aber auch lähmen. Vor allem, wenn's nicht optimal losgeht.
Nicht nerven will ich euch mit Mutmaßungen wie genau Elversberg taktisch aufgestellt ist, oder vorgehen könnte... Ich habe bislang nur maximal 15-minütige Abschnitte von Spielen gesehen, das reicht als Grundlage nicht wirklich. Was da zu sehen war, war nicht furchteinflößend... Aber wer 15 Minuten Wacker gegen Haching sieht, mag auch die Nase rümpfen. Vielleicht kann ja ein Experte hier weiterhelfen?

Die Aufstellung:
Im Nachbar-Relegationsthread wurde das Grobe besprochen. Die Aufstellung an sich dürfte klar sein. Offen ist - nach der 45/45-Teilung gegen 60 II - wohl vor allem die Frage Nicu oder Welzmüller in der Innenverteidigung. Für Nicu spricht Spielpraxis und Eingespieltheit mit Winkler, eventuell auch die schiere Erfahrung. Für Welzmüller sprechen die (prinzipiell) größere Spritzigkeit, die berühmt-berüchtigten Rettungsgrätschen und (gar nicht mal zuletzt) das Kapitänsamt. Ich denke aber, dass die Kurzeinsätze noch nicht ganz reichen und Nicu auflaufen wird. Thomas Steinherr werden wir wohl als Joker sehen. (Und dann gnade der Elversberger Abwehr Gott. )

Marinovic - Dombrowka, Nicu (Welzmüller), Winkler, Bauer - Stahl, Taffertshofer - Piller (Steinherr), Bigalke, Müller - Hain

Organisatorisches:
Hier kann man ja auch nochmal die Gäste-Fans und die brandneuen Haching-Fans briefen:
- Tipp 1: Karten im Vorverkauf sichern! Sitzplatzkarten waren am Montag nahezu ausverkauft - wenngleich noch drei Osttribünen-Blöcke "zu" waren. So oder so kann sich der Kartenkauf in der Stunde vor dem Spiel zur langwierigen Angelegenheit auswachsen. Dann heißt's "ein Königreich für ein VVK-Ticket".
- Tipp 2: So oder so: Kommt rechtzeitig! Auch der Einlass kann dauern. Die Parkplatzlage kann schwierig werden, bei der S-Bahn würde ich allerspätestens Ankunft 13:22 empfehlen.
- Tipp 3: Biergarten! Sollte vor und nach dem Spiel geöffnet sein.
- Tipp 4: Weil ich's im Elversberger Forum gelesen habe: Keine Sorgen ums Bier. Hopf und Tegernseer, nicht mehr Löwenbräu. Es gibt bessere Kleinbrauereien, aber unter den Großen ist das Spitzenklasse.

Und nach den Tipps - der Tipp:
...ganz harte Kiste. In der 3. Liga kannte man seine Gegner aus dem TV, in der RL Bayern irgendwann vom Rasen, zumindest aber mit sehr konkreten Eindrücken den Namen nach (bei den "ernstzunehmenden" Teams), oder konnte Mannschaften ins Raster "IIer", "Dorfclub", "Halbprofis" schmeißen. Bei Elversberg ist aus den Namen zu lesen, dass es sich um sehr, sehr viele gestandene Profis handelt - bei der Spielweise oder auch der psychischen Verfassung tappe ich weitgehend im Dunklen. Zumal die Mannschaft gegen uns wohl anders taktieren und auftreten wird (und muss!) als gegen Nöttingen, Walldorf und Co.
Also bleibt mir das vage Gefühl, Elversberg in Richtung "Drittligaqualität" einzuschätzen... und unsere Referenzen zu ziehen: Das wären Matches vor allem gegen Regensburg, mit Abstrichen Wacker, mit noch größeren Abstrichen Bayern und 60 II (mit den jungen Spielern ist doch was anderes) und im DFB-Pokal. Wenn ich all das durchrechne und die ersten RL-Matches gegen Regensburg und Burghausen im Sommer 2015 streiche (neu in der Liga und noch ohne Nicu, Steinherr, Bigalke, Dombrowka, Stahl, Hain, Müller)... dann habe ich enorm großes Vertrauen.
Mit Vollgas kann unser Mittelfeld fast jeden Gegner in Schwierigkeiten bringen, dazu vorne Meisterknipser Hain. In der dieses Jahr so selten geforderten Abwehr sehe ich tendenziell die größeren Probleme. Aber auch das ist mit Leidenschaft zu bewältigen; grade Winkler, Dombrowka und Bauer können beißen. Bei Stellungsspielmängeln sind vor allem Stahl und Taffertshofer, da viel zu helfen - das haben die beiden physisch locker drauf.
Fazit: Wir haben keine Garantien. Aber ein so gutes Blatt auf der Hand, dass ich mich einen Wunschtipp zu tätigen traue: Ein hart erkämpftes, aber viel umjubeltes 2:0 im Hinspiel. Und dann im Rückspiel früh einschenken. Dann ist die Sache fast schon zu Hause.

Zu diskutieren gäb's noch viel mehr - aber gelesen hat das wohl ohnehin schon kaum einer alles.
In diesem Sinne: Lasst uns diskutieren. Und dann vor allem Relegation feiern. Denn bei allem Druck sollte man nicht vergessen - das ist vor allem eine Belohnung für eine grandiose Saison. Und eine phänomenale Chance.
Auf! Geht's! Haching!